10 Jahre SchratiBlog
Im Januar 2019 darf der SchratiBlog auf eine 10-jährige Geschichte zurück blicken. Grund genug, ein paar grundsätzliche Dinge zu erneuern, wie zum Beispiel den Text über den Blog und das Bloggen an sich.
Eine kurze Recherche zeigte mir neulich, dass sich der Duden über das Blog-Geschlecht nicht ganz im Klaren ist, Neutrum oder maskulin, alleine das weibliche Geschlecht ist grammatikalisch offenbar ausgeschlossen. Ich lege mich hier fürs Erste fest: Mein Blog ist männlich.
Übrigens: Der Blog ist Bestandteil des B1-Wortschatzes, steht also gar nicht so weit am Ende der Vokabelliste. Doch auch der ein oder andere geneigte Muttersprachler kann mit dem Konzept des Bloggens nicht ganz so viel anfangen, deshalb hier ein kleiner, persönlich-historischer Erklärungsversuch.
Erste blogging-ähnliche Aktivitäten unternahm ich während meiner Zeit in Taizé. Während heute reihenweise Auslandsjahr-Blogs gestartet werden, die spätestens mit dem Ende des Jahres wieder verwaisen, blieb uns in Taizé der Internetzugang noch verwehrt. Umso mehr wurde die »Email-Time« geschätzt, alle zwei Tage ein viertel Stündchen, welches ich regelmäßig dazu nutze, an einen festen Verteiler von Familie, Freunden und Bekannten aus meinem etwas ungewöhnlichen semi-monastischen Alltag zu berichten.
Diese Gedanken wollte ich fortführen, als mich Freunde, Mitbewohner und Weggefährten vor 10 Jahren dazu überredeten, den Block gegen einen Blog einzutauschen. Während ich in der Wohngemeinschaft von Taizé auch ein großer Fan des mal mehr, mal weniger geistreich, aber fortlaufend kunstvoll gestalteten »Toilet Books« war, berichtete ich nun online über meinen vielleicht doch etwas gewöhnlicher gewordenen Studien- und Lebensalltag. Es entstand eine digitale Bloggemeinschaft, die auch unser analoges Beisammensein immer wieder bereicherte.
Doch was ist er nun, der Blog? Ein weißes Blatt, welches auf dem Tisch liegt und – ist es erstmal beschrieben – potentiell von der ganzen Welt gelesen werden kann. Ein Spiegel meines Lebens. Eine Bühne, auf die zu treten es hin und wieder viel Vorbereitung und viel Mut braucht.
Ein paar Grafiken zur Verdeutlichung:
Die ganze Welt
Seit 2012 hat der SchratiBlog 13.816 geografisch zuordenbare Besucher registriert, 75% davon aus Deutschland. Ich muss zugeben, im Laufe der Zeit habe ich zunehmend aufgegeben auf Englisch zu schreiben – für das internationale Marketing des Blogs sicher ein Einbruch, wenngleich ein verkraftbarer. Die Anglo- und Francophilie trage ich im Herzen weiter.
Spiegel des Lebens
Im Jahr 2014 habe ich einen einschneidenden Wandel vollzogen, von einer regen Social-Media-Aktivität hin zu einer real existieren Beziehung. Die Auswirkungen auf meine Besucherstatistik waren verheerend. Auf meine Lebensfreude jedoch nicht. Und dann ist da ja immernoch die Sache mit der Quantität und der Qualität…
Während sich zu Beginn viereinhalbtausend Leser durch die Wirren meines ökotrophologischen und hochschulkatholischen Studentenlebens klickten, waren die Texte der folgenden Jahre von großen Emotionen geprägt. Ich war frisch enflammiert von den Hot Mezzos in Pants, die die Opernbühnen dieser Welt zu bieten haben, vom Gender-Cross-Dressing der Hosenrollen Mozarts und Strauss’, die mir wichtige Begleiter in meiner Identitätsfindung wurden, von der Musik Verdis, zur der ich eine wunderbare Liebesbeziehung entwickelte und von der Theaterbühne an sich, die mich neues Leben und neue Lebenswelten entdecken ließ. Und da wären wir auch bei einem weiteren entscheidenden Punkt – der Blog als Bühne.
Bühne
Auf der Suche nach der Relevanz eines nicht-kommerziellen Blogs wie diesem habe ich bisher zwei Antwort-Stränge verfolgt, wobei ich einen davon in der Öffentlichkeit zugegebenermaßen lieber präsentiere als den anderen.
Hin und wieder beschert das Bloggen diese ergreifenden Momente, in denen sich auf irgendeinem Wege die Gewissheit einstellt, einen Menschen da draußen mit meinen Worten und Gedanken berührt zu haben. Die Texte sind selten frei von der Absicht, positive Emotionen zu erwecken, sei es Rührung oder auch nur ein Lächeln. In der Regel bleibt ein Feedback zur Erfüllung dieses Anspruchs jedoch aus. Es ist Teil des Blogging-Mysteriums, ein Stück von mir in die Blog-Welt zu schicken und es wirken zu lassen, ohne je zu erfahren, welche Emotionen dabei (nicht) induziert wurden.
Geht es mir auf der einen Seite darum zu berühren, so ist die andere doch weitaus weniger edelmütig.
Bloggen ist Selbstdarstellung. Bloggen ist eine Bühne für mich, für meine Gedanken und Erfahrungen, meine Empörungen und meine Wünsche, meine Fotografien und meinen Blick auf die Welt, für meine Talente und meine Schwächen, soweit ich sie darstellen und preisgeben möchte. Es ist ein Wettstreit mit mir selbst um einen mit Intelligenz durchdrungenen Satzbau, den ich stolz in der Öffentlichkeit austrage, denn was ist eine Darstellung ohne Zuschauer?
Bloggen ist auch Selbstvergewisserung. Sind Gedanken erst einmal in Worte gefasst und ausgesprochen bzw. published, erfahren sie eine ganz neue Realität, die hilft, Wahrheiten Wahrheiten sein zu lassen und sie zu leben.
Und schließlich ist Bloggen Selbstverwicklichung. Denn es bereitet mir tiefe Freude, stundenlang nach den richtigen Worten zu suchen, in die ich meine Gedanke fließen lassen kann, ein kleines Kunstwerk zu schaffen, unabhängig davon, ob es Bewunderung erfahren wird oder nicht. Aber mit Bewunderung ist es natürlich am schönsten (siehe Punkt 1 -> Selbstdarstellung).
Danke an alle, die meinen Blog in den letzten 10 Jahren still oder mit dem ein oder anderen Kommentar (immer gerne!) begleitet haben.
Auf in ein neues Blogging-Jahrzehnt!
Wow, Christina. Das klingt großartig, wie du dich gewandelt hast, wie sich das Leben so verändert und auch, wie du die (Lebens-)bühne siehst. Ich kann dir in vielen Dingen einfach nur absolut zustimmen! 🙂
Danke, Dominique!! 🙂 Ich bin sehr froh, dass unsere gemeinsamen Bühnenerlebnisse zu dem Lebensweg dazu gehören!
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