Loslassen – Cammino #14

Nach sechs Tagen Laufen gönnen wir uns heute einen Tag Pause in dem antik-mittelalterlichen Städtchen Gubbio. Auch wenn es mir nach der langen Etappe gestern erstaunlich gut geht, bin ich sehr dankbar, ein bisschen durch die Gassen zu schlendern, Gelato und Cappuccino zu genießen und zu schauen, was uns das Pilgerleben so bringt. Gubbio bietet tolle Aussichten und Fotomotive, der Stadtkern ist durch die Römer und das Mittelalter geprägt und sieht teilweise aus wie ein lebendiges Museum.

Zunächst besichtigen wir die wichtigsten Kirchen Gubbios, San Francesco, den Dom, San Domenico und die Basilika. In der Basilika steht der Sarg des Stadt-Bischofs im Zentrum aller Anbetung, diese Kirche vermisst jegliche Ausstrahlung und ist eher ein bisschen gruselig. Überhaupt habe ich oft in diesen ganzen großen Kirche das Gefühl, dass weniger ein bisschen mehr wäre. Auch wenn die großen Räume wirklich beeindrucken, gerade wenn sie sich in engen Gassen auftun, ist der Prunk, die ganzen Plastikblumen, die teils düsteren Gemälde oft ein bisschen zu viel, schaffen mehr Distanz als Geborgenheit. Andererseits bin ich immer wieder neugierig, diese Kirchenräume zu entdecken, oft auch in ihren kleinen Details.

Im Dom wirken die an die Decken gemalten Sternen sehr lieblich und behütend. Sie erinnern mich an Fresken aus Ravenna, die wir in Taize auf große Leinwände gemalt haben. In der Chiesa San Francesco darf natürlich die Statue nicht fehlen, die wir auf dem Weg in vielen Kirchen finden. Gubbio ist der Ort, an dem Franziskus einen Wolf gezähmt, indem er ihm eine gute Versorgung durch die Menschen versprochen haben soll, deshalb ist hier auch der Wolf verewigt.

Zum Mittagessen treffen wir zufällig zwei Pilger aus der ersten Woche wieder. Sie waren von La Verna ein Stück mit dem Bus nach Assisi gefahren und sind bereits wieder auf dem Rückweg. Für die morgige Etappe empfehlen sie uns eine Einsiedelei. Es gebe dort eine sehr herzliche Aufnahme, es sei sicher ein Platz im Schlafsaal frei. Die Erzählungen klingen toll. Am Morgen hatten wir schon einmal von der Eremo gehört. Wir entschließen uns dazu, einen Schritt von unserem Sicherheitsweg abzuweichen und stornieren unsere eigentliche Unterkunft für morgen. In unserem Pilgerführer steht, die Eremo di San Pietro könne leider nicht besichtigt werden. Doch wir vertrauen, dass das morgen alles gut gehen wird, und es fühlt sich gut an. Und nach einem großen Schritt.

Beim Abendessen im Hotel werden wir ebenfalls neben zwei Pilger gesetzt. Alois Luigi ist uns schon im Wald von La Verna begegnet, ein echter Pilger-Profi, der uns mit Tipps für Assisi versorgt und spezielle Methoden zur Wäschetrocknung verrät (Socken über brennende Glühbirnen ziehen).

Drei Tage liege noch vor uns, auf die ich mich sehr freue und gespannt bin, wohin wir noch geführt werden auf dieser wunderbaren Reise.

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