Start | Ziel | km |
---|---|---|
Vigo (Stadtteil Bouzas) | Redondela/Soutoxuste | 27 |
Unsere heutige Etappe beginnt mit einem längeren Marsch durch Vigo, einer zugegebenermaßen nicht ganz so hübschen Stadt. An der Kathedrale erhalten wir noch einen Stempel für den Pilgerpass, für den wir uns erstmals auch in eine Liste eintragen sollen, wahrscheinlich für die Pilgerstatistik. Hier kann man die Kollekte übrigens auch bequem mit Karte abgeben. Nach vier Kilometern gibt es dann auch noch ein sehr leckeres und sättigendes Frühstück für insgesamt 9,10 Euro für uns beide. Oftmals geht das mit dem Frühstücken hier erstaumlich günstig.


Nachdem wir die nicht enden wollende Stadt durchkreuzt und uns etliche Höhenmeter nach oben geschlagen haben, kommen wir auf einen Wander- und Radweg, der uns mal durch besiedeltes Gebiet, mal durch den Wald bis nach Redondela führen wird. Die Waldabschnitte sind herrlich, ich genieße sie sehr und kann hinter uns gelassenen Industriehafen schnell vergessen. Wir kommen mit Hawaiianer*innen ins Gespräch und plaudern länger mit einer Südkoreanerin, die den Weg läuft, weil es gerade fashion sei. Über ihr Leben wolle sie aber auch nachdenken. Vielleicht ist das ja auch so eine Mode. Alle sind heute erst in Vigo auf den Camino gestartet, zum Teil, weil man ab hier die 100 Kilometer hat, die man für die Compestela benötigt.



Meine Füße machen heute auch weitgehend mit. Ich habe mich gestern nach einigen gehumpelten Kilometern entgegen aller googlemedizinischen Ratschläge entschieden, eine meiner Blasen aufzuschneiden, damit kann ich heute ganz ok laufen. Und in jeder Kirche, in der wir uns einen stillen Moment nehmen, bete ich, dass das gut geht, so wie bei all meinen Fußballblasen, die ich als Jugendliche behandelt habe.

Nachdem wir dem Waldweg verlassen haben, tut sich plötzlich eine Cafeteria in einem Kulturzentrum auf. Da es in der Sonne ziemlich warm ist – ich frage mich die ganze Zeit, wie man das im Sommer aushält – gönnen wir uns eine Erfrischunspause und bekommen ungefragt ein paar Scheiben Baguette zu den Softdrinks serviert – großartig. Anschließend geht es bergab nach Redondela, das Ziel der meisten am heutigen Tag. Unsere Kräfte neigen sich dort auch langsam dem Ende, wir müssen aber noch fünf Kilometer weiter zu unserer Unterkunft.

Wir laufen zufällig an einer geöffneten Bäckerei vorbei, schauen uns an und beschließen ohne Worte, doch erst nochmal einen Sonntagskaffee zu trinken, bevor es zum Endspurt geht. Der zieht sich ziemlich fies, die Sonne knallt und wir versuchen uns nochmal mit einem Eis zu motivieren, was aber nur bedingt gelingt. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen wir schließlich unsere Untkunft, ein Häuschen in einem höher gelegenen Dorf, das wir uns mit zwei anderen Pilger*innen teilen. Es gibt eine befüllte Küche, in der Christiane ein leckeres Pilgermenü für uns zaubert – obwohl wir mit lediglich mit ein paar Tomaten im Rucksack angekommen sind.
Den Abend verbringen wir sehr entspannt zu viert im Garten und haben unseren ersten Sonnenuntergang, den wir mal nicht in einem Restaurant sitzen.
Ich habe das Gefühl, langsam angekommen zu sein auf diesem Weg. Ich habe heute aus unterschiedlichen Gründen an einige Menschen denken müssen, die seit längerem oder kürzerem sehr ins Herz geschlossen habe. Ich bin tief dankbar, dass ich meinen Weg im Leben gehen darf und dabei von Freund*innen begleitet werde, mit denen ich ganz unterschiedliche Dinge teile, die alle unglaublich wertvoll sind.