Die Nacht nach unserer Ankunft in Santiago verbringen wir in einem sehr gemütlichen Hotel, welches uns dankbarerweise zwei Mal mit Regenschirmen ausstattet, damit wir einigermaßen trocken durch die verregnete Stadt kommen. Nach einem ausgiebigen Frühstück wollen wir nochmal in die Altstadt, bevor wir am Nachmittag mit dem Pilgerjet zurück nach Frankfurt fliegen – früher musste man übrigens wieder zurücklaufen, unvorstellbar.
Bei unserem Gang durch die Altstadt überqueren wir noch zweimal den Platz vor der Kathedrale und haben zweimal Tränen in den Augen. So seltsam die Erfahrung mit dem Bauwerk selbst und seiner Verwaltung war, so ergreifend ist sein Anblick und die Energie dieses Platzes, des Praza do Obradairo. Es ist etwas zu spüren von all der Anstrengung und Sehnsucht, die Menschen an diesen Ort geführt hat, von der Kraft, die es braucht um hier herzulaufen, und die einem dieser Platz verleiht. Er steht am Ende eines Weges, der einem alles abverlangen kann und in eine manchmal gnadenlose Begegnung mit sich selbst zwingt. Ein Weg, der fragt wer bist du?, und was brauchst du? Und manchmal fragt er auch warum bist du so bescheuert?, aber wenn man auf dem Platz steht, dann ist da eine nicht in Worte zu fassende Antwort. Ich bin so ergriffen, dass ich nicht mal ein Foto mache.
Auch wenn mir der Trubel der Stadt ziemlich befremdlich erscheint, fühle ich mich auf dem Platz auf eine besondere Art aufgehoben und gestärkt, die nächste Etappe in meinem Leben zu gehen, wo auch immer die mich hinführen wird. Dabei sollten mir die Lektionen der letzten zwei Wochen – die sich übrigens wie eine Ewigkeit anfühlen – in Erinnerung bleiben und begleiten, nämlich mir immer wieder die Frage zu stellen, was ich brauche, um (wieder) weiterlaufen zu können.
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