Vor ziemlich genau zwei Jahren habe ich den Einstieg in die Elektromobilität gewagt. Das klingt nach einer zukunftsweiseneden Entscheidung, doch musste ich mich am Angang regelmäßig dafür rechtfertigen, als hätte ich einen Schritt tiefer in meine Konfortzone gemacht. Ich habe mir nämlich mit Mitte 30 ein E-Bike gekauft.
Die Rechtfertigungen haben alle (im Zweifel unaufgefordert) bereits gehört, deshalb brauche ich sie hier nicht wiederholen. Viel mehr möchte ich eine kurze Bilanz ziehen.
Zunächst die Fakten: Die Corona-Einschränkungen haben mir viele Stunden auf dem Rad beschert, die meisten davon auf dem Weg zur Arbeit oder wieder nach Hause. An meinem vorletzten Arbeitstag des Jahres habe ich die 4.000 km für 2020 geknackt – und bei -8° C am Morgen, bis zur Unkenntlichkeit mit Ski-Ausrüstung bekleidet, muss ich auch nicht mehr über Komfortzonen diskutieren. Durchschnittlich ca. 100 W, 40 Minuten pro Strecke. Also: Trotz Motor nicht zu warm anziehen!

Und dann natürlich die Emotionen: Ich muss zugeben, mein E-Bike und ich hatten einige Startschwierigkeiten. Es ist kein Leichtgewicht und fühlte sich zu Beginn recht globig an. Aber es wurde mir zu einem robusten und treuen Begleiter, ein Tor in eine ganz neue Welt. Vor dem Tor wacht unter der Woche natürlich noch der böse Schweinehund. Aber ist der erstmal ausgetrickst (die Entscheidung für das Rad fällt immer am Abend, niemals am Morgen), wird man manigfach belohnt – mit frischer Luft, mal langweiligen, mal überaus fasznierenden Landschaften, einem vergleichsweise ausgeglichenem Stress-Hormon-Haushalt, ausreichend Bewegung trotz Bürojob und natürlich dem guten Klima-Gewissen, wenngleich die elektronische Weste natürlich nicht makellos weiß ist (im Durchschnitt beläuft sich die zugeschossene Energie auf ca. 7 Wh pro Kilometer, also ca. 28 kWh in diesem Jahr).
Ich liebe mein Fahrrad. Um keinem Unrecht zu tun: meine Fahrräder. Und ich liebe vor allem die Zeit, die ich auf ihnen verbringen darf, sei es auf dem Weg zur Arbeit, zum Sonneruntergang oder zum Spaß, sei es alleine oder gemeinsam mit anderen. Sie rettet mich immer wieder, vor schlechter Laune, vor Trägheit, vor Klima-Lathargie, vor Corona-Einschnitten. Dafür bin ich zutiefst dankbar!